“Im Rahmen bleiben”
– Leitgedanke zur Verabschiedung von 155 Schülerinnen und Schülern am 24.07.2015 – Schulleitung und Lehrerkollegium gratulieren!
Liebe Schülerinnen und Schüler,
verehrte Eltern und Angehörige,
sehr verehrte Ehrengäste,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
von Bildern soll heute die Rede sein, von Bildern und vom Rahmen, wie Sie an der Kurzpräsentation sehen. „Im Rahmen bleiben“ lautet der Leitgedanke für die Verabschiedung von 155 jungen Damen und Herren von unserer Stefan-Krumenauer-Realschule. Sie haben erfolgreich den sehr geschätzten Realschulabschluss erreicht, dazu gratulieren wir sehr herzlich und das soll heute Anlass dafür sein, gebührend zu feiern. Im Festakt zu Ehren unserer Absolventinnen und Absolventen, zu dem auch ich Sie sehr herzlich grüße, möchte ich, liebe Festversammlung, auf eine Redensart Bezug nehmen. Sie kombiniert vieldeutig die beiden Begriffe „Bild“ und „Rahmen“ und lautet: „Nicht jeder, der aus dem Rahmen fällt, war vorher auch im Bilde“.
Mit dieser Redensart lässt sich gut, liebe Festgäste, an den sehr ansprechenden Gottesdienst anknüpfen, den wir soeben mitfeiern durften. Dort wurde ein beeindruckendes Bild vom heutigen Leitgedanken „Im Rahmen bleiben“ gezeichnet. So haben wir gelernt, dass das mit dem Rahmen relativ ist. Bereits eine kleine Änderung der Anordnung der vier Rahmenleisten macht aus der geschlossenen Einheit ein nach allen Seiten geöffnetes Symbol, welches uns anleitet, unseren Blick zu öffnen und unser Dasein zu hinterfragen. Ein herzliches Vergelt´s Gott dafür sage ich Frau Evangelischer Pfarrerin Angelika Bach, Herrn Diakon Robert Rembeck, den Fachschaften Religion und Musik sowie den Schülerinnen und Schülern, die den Gottesdienst gestaltet haben.
Liebe Noch-Schülerinnen und Noch-Schüler, liebe Festgäste, fragen wir uns – bezogen auf die Aufforderung „Im Rahmen bleiben -, was mit der Redensart „Nicht jeder, der aus dem Rahmen fällt, war vorher auch im Bilde.“ gemeint sein könnte. Was heißt „im Bilde sein“ und „aus dem Rahmen fallen“? Schnell kommen wir bei unseren Überlegungen auf die Nähe der Begriffe „Bild“ und „Bildung“. Mit „im Bilde sein“ meinen wir die Fähigkeit von uns Menschen, uns selbst ein Bild zu machen, unser eigenes Leben und die umgebende Welt zu verstehen, unser Leben aktiv und verantwortungsbewusst zu gestalten, die eigene Rolle in der Gesellschaft richtig einzuschätzen und gesellschaftliche Vorgänge und Abläufe zu durchschauen. Nach Bernward Hoffmann, einem zeitgenössischen Erziehungs- und Kommunikationswissenschaftler, wird Bildung – Zitat: „als die Entfaltung und Entwicklung der geistig-seelischen Werte und Anlagen eines Menschen durch Formung und Erziehung verstanden: Der Begriff Bildung steht in Beziehung zum „Bild“ und meint, einer Sache Gestalt und Wesen geben.“ Zitatende. Diese Fähigkeit, einer Sache Gestalt und Wesen zu geben, ist dem Nesthocker Mensch nicht naturgegeben, er muss sie erwerben. Spätestens mit der Geburt macht sich der Mensch ohne Unterlass auf den Weg, sich ein – sein ganz persönliches Bild von der Um- und Mitwelt zu schaffen, Bilder zu erfassen, zu interpretieren und zu bewerten. In jedem Menschen entsteht damit ein ganz persönliches, subjektives Gesamtbild dieser Welt – das macht ihn einzigartig, unverwechselbar, das macht ihn zur Persönlichkeit, voller Werte und kostbar zugleich. Das „Sich- Bilder-machen“, das „Sich-Bilden“ ist anstrengend. Damit Bilder zur Bildung reifen, braucht es die aktive Auseinandersetzung mit den vielfältigen Lern- und Erfahrungsgegenständen.
Sie, liebe Absolventinnen und Absolventen, haben sich in den zurückliegenden Jahren in Elternhaus, Kindergarten, Grund- und Realschule dieser Herausforderung gestellt. Sie haben Bildung auf hohem Niveau erworben. Zu entscheidenden Wegmarken Ihres Lebens schlummern in Ihnen ganz bestimmte Bilder, die Ihre Persönlichkeit bestimmen. Manche dieser Bilder werden in Momenten wie heute sichtbar und verschwinden dann wieder, z. B. die Ihres ersten Schultages an unserer Realschule. Manche bleiben für immer in unseren Erinnerungen präsent. Anzunehmen ist, dass sich bei Ihnen auch ein Bild von Ihrem Realschulabschluss heute festsetzt. Ich hoffe, nein, ich bin mir sicher, dass es ein sehr positives ist, wie die Grußworte sowie die Rede von Dir, liebe Amelie, vermuten lassen. Danke dafür!
Wir freuen uns alle, Ihnen, liebe Absolventinnen und Absolventen, in wenigen Minuten das Zeugnis über den erfolgreichen Realschulabschluss überreichen zu dürfen. Dieses Zeugnis bestätigt Ihnen ein hohes Maß an Bildung mit umfassender Handlungskompetenz – sozusagen einen sehr ausgereiften Rohentwurf Ihres Gesamtbildes dieser Welt. Für Sie, liebe junge Damen und Herren, eröffnen sich heute mit dem Realschulabschluss alle Möglichkeiten einer eigenverantwortlichen, erfolgversprechenden Lebensgestaltung. Sie haben beste berufliche Perspektiven, nach Ihrer Berufsausbildung als dringend gesuchte, sehr gut qualifizierte Fachkräfte ebenso wie etwa als Hochschulabsolvent. Alles ist für Sie möglich, wenn Sie weiterhin daran arbeiten, Ihre Kompetenzen auszubauen und Ihr Bild – Ihre Bildung abrunden.
Andererseits gehört aber auch zur Wahrheit festzustellen, dass dieses, dass Ihr ganz persönliches Bild nie fertig sein wird. Mehr noch, das Bild braucht, um zur Vollendung zu gelangen, immer wieder Veränderungen. Um den Perspektivwechsel zu ermöglichen muss das Bild aus dem bisherigen Rahmen herausgenommen und in einen anderen eingefügt werden.
Menschen müssen von Zeit zu Zeit ihren persönlichen Rahmen wechseln, weil er eventuell zu klein geworden ist, wie Amelie vermutet, oder weil eine andere Umgebung die Weiterentwicklung erst möglich macht. So ein Tag ist heute. Liebe Festgäste, das hat aber nun gar nichts damit zu tun, aus dem Rahmen zu fallen, wie die Redensart besagt. Seit dem 18. Jahrhundert ist die Rede von einem „gesellschaftlichen Rahmen“, von Verhaltensweisen und Haltungen bis hin zu Tugenden, die man von einem Mitmenschen erwarten kann, um gesellschaftsfähig zu sein und sich als Teil derselben in der Gesellschaft verantwortungsvoll bewegen zu können. Dieser Bezug zum Rahmen beleuchtet also den Aspekt der Normalität und der Erwartbarkeit. Wer im Rahmen bleibt, der akzeptiert die gültigen gesellschaftlichen Normen und Werte, wer aus dem Rahmen fällt bricht demzufolge gesellschaftliche Konventionen, enttäuscht Erwartungen, er “sprengt den Rahmen ” oder “er fällt aus dem Rahmen “. Dieser kurze Ausflug in die Gesellschaftsgeschichte mag genügen, um die Redensart „Nicht jeder, der aus dem Rahmen fällt, war vorher auch im Bilde.“ noch besser zu verstehen.
Liebe Festgäste, fassen wir diese Gedanken zusammen wird deutlich, was mit der Redensart wohl gemeint ist: Über Bildung und Erziehung erlangen wir Menschen als soziale Wesen in unserer Gesellschaft die Fähigkeit, wichtige Leitprinzipien wie Eigenverantwortung, Leistungsorientierung, Solidarität und Subsidiarität zu begreifen und gesellschaftliche Werte und Normen als unverzichtbar zu erkennen und anzunehmen. Dazu braucht es einen festen, verlässlichen Rahmen, der Halt und Sicherheit gibt, auch und gerade in der Erziehung und in der Bildung.
Liebe Absolventinnen und Absolventen, die Stefan-Krumenauer-Realschule hat für Sie in den zurückliegenden sechs Jahren diesen verlässlichen Rahmen geboten, in welchem Sie Bildung erfahren konnten, durften, manchmal auch mussten. Den diesjährigen sehr guten Abschlussergebnissen – alle 155 Prüfungsteilnehmer haben bestanden, 15 mit einem Notendurchschnitt von 1,1 bis 1,5, 36 mit einer Eins vor dem Komma – ist abzuleiten, dass der Rahmen für Bildung und Erziehung an unserer Realschule erneut sehr gut war. Ein förderlicher Rahmen beruht auf guten Rahmenbedingungen. Sechs ganz wichtige möchte ich erwähnen:
1. Ein modernes, zukunftsbezogenes Bildungskonzept, welches fundierte Theorie und den Bezug zur Lebenswirklichkeit, den Anwendungsbezug des Gelernten gleichermaßen betont.
2. Junge Menschen, die von den Grundschulen bereits sehr gut vorbereitet den Aufstieg durch Bildung anstreben, die also Herausforderungen suchen; Herausforderungen, die Sie fordern, jedoch nicht überfordern, damit schulisches Scheitern und Frustration keine Option sind.
3. Engagierte, sehr gut qualifizierte Lehrkräfte und pädagogisches Betreuungspersonal; Persönlichkeiten also, die ihre Arbeit nicht als Job, sondern als Berufung sehen.
4. Eltern, die die schulische Bildungs- und Erziehungsarbeit unterstützen und die die Notwendigkeit sehen, manchmal einen sehr engen Rahmen stecken zu müssen.
Zu den zentralen Rahmenbedingungen gehört 5.: Ein Sachaufwandsträger, der dafür sorgt, dass der äußere schulische Rahmen, das Schulgebäude und die schulische Ausstattung nicht nur zeitgemäß, sondern weit in die Zukunft gerichtet, somit modern und motivierend sind.
Und nicht zuletzt bedarf es 6. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Schulleitung und in der Schulverwaltung, die selbstlos und professionell das Schulmanagement leisten und trotz hoher schulorganisatorischer Belastungen ihre pädagogische Aufgabe nicht aus den Augen verlieren.
Über all das verfügt die Stefan-Krumenauer-Realschule Eggenfelden seit vielen, vielen Jahren. Wie durch eine unsichtbare Hand geleitet formt sich an unserer Realschule harmonisch und in sich stimmig Jahr für Jahr ein passgenauer Rahmen für Bildung und Erziehung. Dafür danke ich allen, die Teil des Rahmens sind oder daran aktiv arbeiten. Danke sage ich den Eltern, ebenso den Schülerinnen und Schülern, den hochengagierten Lehrkräften wie den Mitarbeitern in der Schulleitung und den Schulsekretärinnen. Ich danke der Landkreisverwaltung wie den Kreistagsmitgliedern. Mit den Umbau-, Erweiterungs- und Sanierungsmaßnahmen sind wir, sehr geehrter Herr Stellvertretender Landrat, auf einem sehr guten Weg. Herzlichen Dank an alle, die dafür Verantwortung tragen. Besonderer Dank geht ganz ausdrücklich an die vielen ehrenamtlich Tätigen in den unterschiedlichen schulischen Gremien, dem Förderverein mit der Vorsitzenden Gisela Mooser, dem Elternbeitrat mit dem Vorsitzenden Norbert Kohlhofer, den Schüler- und Klassensprechern und allen, die das positive Bild unserer Realschule beispielsweise durch ihr Mitwirken bei vielen außerunterrichtlichen Aktivitäten zeichnen und Bildung und Erziehung bei uns einen unverwechselbaren Rahmen geben, getreu dem heutigen Gedanken: „Wer im Bilde ist, kann auch nicht aus dem Rahmen fallen.“ Darin schließe ich die Vertreter von Wirtschaftsunternehmen und von Institutionen mit ihrer vielfältigen Unterstützung unserer Realschule ausdrücklich ein.
Abschließend noch einmal ein kurzer Blick auf die Einladungskarte: Hier zeigt sich deutlich der Unterschied zwischen „Im Rahmen bleiben“, „aus dem Rahmen fallen“ und den „Rahmen verlassen“, aber „im Bilde bleiben“. Der angedeutete scheinbare Widerspruch, weil die Person zwar im Rahmen bleibt, aber diesen dennoch verlässt, löst sich mit der heutigen Verabschiedung unserer 155 Absolventinnen und Absolventen von der Realschule Eggenfelden auf. Betrachten wir die sechs zurückliegenden Schuljahre als zeitlichen und örtlichen Rahmen für einen wichtigen Abschnitt Ihrer Bildung, liebe Absolventinnen und Absolventen, dann zeigt uns das Bild, dass Sie mit dem heutigen Tag aus diesem Rahmen ganz bewusst heraustreten in eine Welt, die sich für Sie beruflich und persönlich weit öffnet. Sie, liebe Schülerinnen und Schüler, haben mannigfache Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lebens- und Alltagsbewältigung erworben. Sie beherrschen nicht nur elementare Kulturtechniken. Sie sind im Bilde und laufen deshalb nicht Gefahr, aus dem Rahmen zu fallen. Sie können ganz bewusst den einen Rahmen der Realschule hinter sich lassen, um mit großem Selbstvertrauen in einen anderen hineinzutreten. Genau das wollten wir Ihnen an unserer Realschule vermitteln, die Fähigkeit, als gefestigte Persönlichkeiten den Rahmen bewusst zu wechseln. Sicher gehen Sie in eine gute persönliche und berufliche Zukunft. Dazu wünschen wir alle, die Festgäste und das gesamte Team, welches den Rahmen für Bildung und Erziehung an unserer Realschule gestaltet, alles erdenklich Gute und Gottes reichen Segen. Und sollten Sie für sich tatsächlich die Gefahr erkennen, aus einem Rahmen zu fallen, weil sie vorübergehend nicht im Bilde sind, dann bauen Sie die Leisten des Rahmens einfach um, z. B. so, wie im Gottesdienst angeboten. Bleiben Sie im Rahmen!